Unser Ort im Weltgeschehen (1938 - 1948,1952)

1938: So fing es an
Ein ungeahnter Arbeitsaufschwung hat ganz Deutschland erfaßt. Nach Inflation
und Arbeitslosigkeit ist die Bevölkerung zuversichtlicher. Aber schon kündigen sich die ersten Vorboten eines Krieges an. Österreich wird eingegliedert. Mit der Reichskristallnacht beginnt die Judenverfolgung im ganzen Land. Das traurigste Kapitel deutscher Geschichte zieht herauf. Ein ganzer Personenkreis verschwindet über Nacht für immer, viele auch unseren Eltern bekannte Leute aus Gerolstein. Entlang der ganzen Westgrenze wird mit einem gigantischen Bunker- und Befestigungsbau begonnen. Deutschlands größte Baufirma, die "Organisation Todt", macht Quartier in der Eifel. Der "Westwall" entsteht, die ansässigen Unternehmer Berg und Cordel werden mit ihren Fahrzeugen dienstverpflichtet. Im Salmwald wird ein großes Munitions- und Benzinlager mit Wegen und Sperr- Zonen eingerichtet. Das Wachpersonal, Soldaten aus Ostpreußen, werden stationiert. Vorkehrungen unter dem Vorwand ziviler Sicherheit werden getroffen:
es werden Löschteiche angelegt.


Abb. 12 Spoo Nikla, Kienen Mattes un Horschen Hanni als Soldaten

1939: Die Zeit der Siege
Die Angst vor einem neuen Weltkrieg wird zur bitteren Wahrheit; immer mehr
Männer werden eingezogen, Pferde gegen ein geringes Entgeld für Wehrmachtszwecke beschlagnahmt. Der private Kraftverkehr wird durch die Ausgabe von Benzingutscheinen auf einen kleinen Kreis Berechtigter wie Ärzte, Parteigrößen und industrielle eingeschränkt. Die Tankstellen werden geschlossen. Mit dem Überfall auf Polen am 1.9. nimmt das Schicksal seinen Lauf.

1940
Die Angriffsvorbereitungen für einen Krieg im Westen beginnen; wie so oft wird
unsere Heimat Aufmarschgebiet. in vielen Häusern werden Soldaten einquartiert. Am 10.5. beginnt der Frankreichfeldzug, der mit einem Waffenstillstand am 21.6. endet. Französische Gefangene kommen nach Salm. Sie sollen den Mangel an männlichen Arbeitskräften ausgleichen und in der Landwirtschaft helfen. Beköstigt werden die Gefangenen in den einzelnen Familien, wo sie zum Arbeitseinsatz eingeteilt sind. Als Schlafgelegenheit dient der Saal auf "Achims ihrer Schmiede". Mit Beendigung des Westfeldzuges wird das Waiddepot aufgelöst. Für eine kurze Zeit werden einige Männer unseres Ortes, so auch mein Vater, Besatzungssoldat in Frankreich; hier kann man noch vieles kaufen, was es bei uns nicht mehr gibt (unter anderem Spielzeug!).




Abb. 13 Als Besatzer in Frankreich



Abb. 14 Französische Kriegsgefangene in Salm


1941
Der Angriff auf die Sowjetunion am 22.6. bringt weitere persönliche Einschränkungen, die auch die Landbevölkerung treffen. Dinge des täglichen Gebrauchs, die einfuhrabhängig sind wie Kakao, Gewürze und Südfrüchte, werden knapp und verschwinden schließlich ganz aus dem Angebot. In Deutschland startet das 1. Düsenflugzeug (Me 262). eine Entwicklung, die die ganze Lufahrt verändert.

1942
Das Jahr der größten militärischen Erfolge bricht an, Hitler ist im Zenit seiner Macht angelangt. Kesselschlachten größten Ausmaßes bringen Rußland an den Rand einer Niederlage. Fast ganz Europa wird von Hitlers Heeren überrannt. Immer mehr Männer werden eingezogen. Die Gefallenenmeldungen mehren sich und machen auch vor unserem Ort nicht halt. Peter Krones macht den traurigen Anfang (25.3.)




Um die Versorgung der Bevölkerung mit Speiseölen sicherzustellen, wird vom Reichsernährungsminister verfügt, daß die Schulkinder in der letzten Novemberwoche und in dir 1. Dezemberwoche je 3 volle Tage Bucheckern sammeln sollen. Für das Kilo Bucheckern werden 0,50 RM gezahlt, zudem gibt es noch Fettmarken. Die Lebensmittelrationen des Ersten Weltkrieges waren Höchstsätze, keine Festsitze, d.h. die Verbraucher hatten nicht die Gewähr, diese Rationen auch wirklich zu erhalten. Das galt vor dem für die Großstädte. So wurden z.B. im Jahre 1917 nur 68 Gramm Fett je Kopf und Woche ausgegeben statt der festgesetzten Menge von 100 Gramm.

Nachstehend eine Gegenüberstellung rationierter Lebensmittel:

1917 1942
Brot Normalverbraucher 1820 g 2250 g
Schwerstarbeiter 4080 g 4050 g
Fett
Normalverbraucher 100 g 200 g
Schwerstarbeiter 150 g 575 g
Fleisch
Normalverbraucher 250 g 250 g
Schwerstarbeiter 420 g  850 g


1943: Der Sturz ins Elend

Die
Siege beginnen sich in Niederlagen zu verkehren. Mit der Katastrophe von Stalingrad beginnt ein Desaster größten Ausmaßes, welches letzlich in einem totalen Zusammenbruch endet. "Gefallen in der Weite Rußlands", eine bittere Nachricht für viele Familiien unseres Ortes. Aber noch ist der Krieg, die Front scheinbar weit weg. Auch der Bevölkerung werden neue Opfer abverlangt. Alle sogenannten Luxusartikel wie Parfüm, Spirituosen und Feinlederwaren werden verboten.
Eine Gruppe um Wernher von Braun startet die erste Flüssigrakete der Welt, die V2.

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